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„Jedes Möbelstück, das bei uns rausgeht, hat eine eigene Geschichte.“
André Hausmann vor einem Tischprojekt
Wir stellen so ziemlich alles her, was man sich vorstellen kann. Angefangen von Möbeln über Fenster, Türen, Treppen und einmal quer durch den Gemüsegarten.
Wir sind außerdem eine der wenigen Firmen, die 20 Jahre Gewährleistung auf Fenster gibt. Denn diese bauen wir aus Accoya. Das ist ein modifiziertes Pinienholz, das mit Essigsäure behandelt wird und dann die Widerstandsklasse 1 erhält. Das bedeutet für den Kunden weniger Aufwand für Pflege und Wartung.
Jedes Möbelstück, das bei uns rausgeht, hat eine eigene Geschichte. Von einem Klinikum haben wir beispielsweise eine 200 Jahre alte Eiche bekommen, aus der wir einen Tresen gebaut haben. Die Eiche musste im Rahmen einer Verkehrsbereinigung gefällt werden und wir haben ihr dann neues Leben eingehaucht.
Wir holen unser Holz direkt aus Wäldern der Region und haben einen guten Draht zur Försterei und zu Baumfällern, die uns Holz bringen, das zum Verbrennen zu schade ist. Wir haben hier 45 verschiedene Holzsorten, wobei die am häufigst verwendeten Sorten Kiefer und Eiche sind.
Unsere Hölzer haben wenig Ressourcen verbraucht, da sie aus der Region kommen und daher keine hohen Transportkosten anfallen. Anschließend wird nur noch ein bisschen technisch nachgetrocknet.
Wir haben mit der Möbelindustrie überhaupt keine Probleme, denn wir wollen keine Massenproduktion machen, sondern stellen hauptsächlich Unikate her. Mit unseren Einzelanfertigungen kleiden wir im Prinzip Nischen aus und das kann die Industrie gar nicht leisten. Unsere Auftragslage ist bestens und wir sind mehr als ausgelastet.
Als kleiner Junge habe ich in einem Baumschulladen ausgeholfen und auf dem Hinterhof befand sich eine Drechslerei. Von dort habe ich immer Brennholz bekommen, aus dem ich dann Dinge herstellte. Die habe ich anschließend verkauft und hatte so als Schüler immer etwas Geld in der Tasche. Dann habe ich mich für eine Drechslerlehre entschieden und habe nach der Lehre meine eigene Drechslerei gegründet.
Nach der Wende habe ich auf Tischler ungesattelt und mich 1990 nochmal damit selbständig gemacht. Heute arbeite ich viel in unserer Drechslerei. Das ist pure Entspannung für mich. Und wenn ich mich mal geärgert habe, gehe ich dorthin um abzuspannen.
Wir hatten hier schon viele weibliche Auszubildende. Sie sind zwar körperlich nicht so belastbar wie ihre männlichen Kollegen, aber sie können viel mit Physik ausgleichen. Meiner Meinung nach sind Frauen daher genauso gut für das Tischlerhandwerk geeignet wie Männer. Derzeit haben wir zehn MitarbeiterInnen insgesamt und darunter ist eine weibliche Angestellte und eine weibliche Auszubildende.
Wir hatten schon viele spannende Projekte. Eins, an das sich mich noch sehr gut erinnere, war die Sächsische Landesvertretung in der Brüderstraße. Dort haben wir das gesamte Objekt komplett erneuert. Angefangen von der Restaurierung von Treppen und Türen bis über den Nachbau von Originalteilen war alles dabei und die Arbeit dadurch sehr umfangreich und hochwertig.
Das Wichtigste ist der Spaß an der Arbeit mit Holz und natürlich ein bisschen Verständnis für Fächer wie Mathe und Physik.
Wichtig ist auch die Bereitschaft zur Weiterbildung und der Wille, Zeit investieren zu wollen, um sich ständig zu verbessern. Niemand ist fehlerfrei. Doch der Wille zur Optimierung ist das was zählt. Daher ist es wichtig, dass man in der Lehrzeit viel investiert.
Früher hieß es immer, das Handwerk habe einen goldenen Boden und meiner Meinung nach ist der wieder da. Viele Jahre war zwar Schlamm drüber, aber in Zeiten des Handwerkermangels hat sich die Lage geändert. Die Aufträge lohnen sich jetzt wieder mehr und die Bezahlung wird besser.
Ein guter Fachmann ist derzeit hoch im Kurs und als TischlerIn kann man gutes Geld verdienen. Außerdem stehen einem nach der Ausbildung noch weitere Wege offen. Man kann entweder zur Meisterschule gehen oder ein Studium beginnen. Es macht beispielsweise unheimlich viel Spaß mit Architekten zusammenzuarbeiten, die selbst vorher eine Tischlerlehre absolviert haben, weil sie einfach vom Fach kommen.
Derzeit bauen wir auf unserem Grundstück ein großes Ausstellungshaus, in dem wir unsere Möbel ausstellen wollen und die Beratung dann dort direkt vor Ort anbieten können. Wir werden uns auch mehr in die künstlerische Richtung entwickeln. Unsere anderen Projekte wie Denkmalschutz werden wir dadurch aber nicht vernachlässigen.