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„In meiner Ausbildungszeit haben wir noch alles per Hand gemalt.“
René Mahr in den Räumen der Maler- und Lackiererinnung Berlin
René Mahr ist Maler- und Lackierermeister sowie Lehrlingswart bei der Maler- und Lackierer-Innung Berlin. Wir haben ihn zu seinem Betrieb, zu seiner Funktion als Lehrlingswart und zu Themen wie Nachwuchsakquise und Trends im Handwerk befragt.
Der familiäre Background. Mein Vater ist auch Maler und dadurch bin ich schon von klein auf mit dem Beruf in Kontakt gekommen. Ich wollte auch nie etwas anderes werden. Ich bin dann direkt nach der Schule 1986 in den Betrieb, in dem mein Vater angestellt war und habe dort meine Ausbildung absolviert. Dann kam erstmal die Armeezeit und 1993 habe ich dann den Meister gemacht und anschließend meine Firma eröffnet.
Für mich ist Struktur ganz wichtig. Deshalb treffen wir uns jeden Morgen um 6:30 Uhr im Malerkeller und werten zuerst bei unserem Starterkaffee den vorangegangenen Tag aus. Dann planen wir den aktuellen Tag, packen die Autos und fahren auf die Baustellen. Die Aufträge sind dabei sehr unterschiedlich. Von Fassaden- bis Innenraumgestaltung ist alles dabei.
Das schönste Projekt bei dem wir uns mal richtig mit alter Handwerkstechnik verwirklichen konnten, war die Restaurierung einer alten Villa in Hamburg. doch auch bei VW und Audi in Adlershof hatten wir schon interessante Aufträge.
Bei uns läuft alles über Mundpropaganda. Wir nutzen aber auch viele Events, um unsere Firma dort vorzustellen und den jungen Leuten den Beruf näher zu bringen. So sind wir beispielsweise immer mit einem Stand am Tag der offenen Tür der Maler- und Lackiererinnung Berlin oder auf dem Tag des Handwerks vertreten. Wir versuchen dabei neben den Jugendlichen auch die Eltern anzusprechen. In unserer Firma tun wir viel für die Förderung unserer zwei Lehrlinge, indem wir sie z.B. zu Fortbildungen schicken.
Das Interesse am Handwerk ist das Wichtigste. Außerdem sollte man handwerkliches Geschick haben, denn ab und zu muss eben doch auch mal eine Fußleiste angebaut oder eine Bohrmaschine bedient werden. Kreativität ist auch gern gesehen. Für die Kundenberatung sollte man außerdem ein gewisses Farbgefühl besitzen.
Wir hatten schon zwei tolle MitarbeiterInnen. Leider haben beide später nochmal eine Umschulung gemacht, weil es schon ein körperlich anstrengender Job ist. Die meisten Kolleginnen spezialisieren sich auf Restaurierung oder sie machen den Meisterabschluss und bilden selbst aus.
Ich kümmere mich um alle Anliegen der Lehrlinge in Berlin und Brandenburg. Außerdem bin ich für die Organisation der Prüfungen verantwortlich. Derzeit laufen die Abschlussprüfungen des dritten Lehrjahres. Dabei berufe ich zuerst die Prüfungskommission ein, leite dann die Prüfungen und kümmere mich um die Abschlüsse. Das alles mache ich ehrenamtlich, weil ich denke, dass man sich gesellschaftlich einbringen sollte. Es ist natürlich oft auch anstrengend zusätzlich zur Arbeit.
Eigentlich habe ich in meiner Zeit als stellvertretender Lehrlingswart und als Lehrlingswart keine großen Qualitätsschwankungen erlebt. Es gibt wirklich wenig Abbrüche oder Azubis, die durchfallen. Die meisten haben die Abschlussnote drei, was gut ist. Eine eins bekommen nur Lehrlinge mit außergewöhnlich guten Leistungen. Eine zwei wird bei uns schon ausgezeichnet. Das geschieht dann zur Feierstunde der Lehrlingsfreisprechung.
Die größte Herausforderung ist unsere Firma mit gutem Personal am Leben zu halten. Die Identifizierung mit der Firma ist dabei ganz wichtig. Denn bei uns gibt es schon Schwankungen in der Auftragslage. Insbesondere im Winter fallen die Außenarbeiten komplett weg und alle fokussieren sich auf den Innenbereich. Darum ist es wichtig Kundenbeziehungen zu pflegen.
Firmentechnisch sind wir auf dem neuesten Stand. Wir haben z.B. von Brillux eine App, in die wir Farbtöne einscannen können oder unseren Farbscanner. Wir scheuen uns jedoch vor elektronischer Zeiterfassung oder GPS, da das für uns zu viel Kontrolle und Überwachung der MitarbeiterInnen bedeutet. Außerdem legen wir weiterhin viel Wert auf gute alte Handwerkstechnik, bei der wir Probeflächen anlegen und den Kunden dazu beraten. In der Ausbildung gibt es jetzt z.B. das Plottern von Schriften und der aktive Umgang mit dem Computer und dem Internet. In meiner Ausbildungszeit haben wir noch alles per Hand gemalt.
Die Verwendung von Wasserlacken wird immer mehr forciert, damit die ganzen ölhaltigen Mittel zunehmend verschwinden. Wasserbasierte Lacke sind weniger gesundheitsschädlich. Seit circa zehn Jahren sind die Hersteller in der Findungsphase und ich denke, dass da auch noch einiges passieren wird. Ab 2020 soll zudem eine neue spezielle Ausbildungsrichtung im Zusammenhang mit dem Thema Energieeffizienz entstehen.