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Der UFH Berlin wurde im Oktober 1991, also genau vor 30 Jahren, von Unternehmerfrauen im Handwerk gegründet. Wir engagieren uns seitdem alle ehrenamtlich und Gewerke übergreifend für Frauen, die mit Schwerpunkt kaufmännischer Führungskraft im Handwerk und dem Handwerk nahe sind. Unser Ziel war und ist es, Aus- und Weiterbildungsangebote für Unternehmerfrauen im Handwerk anzubieten.
Wir haben uns in besonderer Form dem Netzwerkgedanken verschrieben, weil wir die gegenseitige Unterstützung, die Kommunikation und den Austausch von Wissen und Erfahrungen unter Frauen im Handwerk für sehr wichtig halten.
Den Ruf nach mehr Mädchen im Handwerk gibt es schon seit über 15 Jahren. Leider ist es immer noch so, dass Mädchen schwer Zugang zum Handwerk finden. Maximal interessieren sie sich noch für den Beruf der Friseurin oder der Kosmetikerin, aber dann ist auch schon Schluss. Auch in den Familien herrscht viel Unwissenheit, was handwerkliche Arbeit eigentlich bedeutet und wie erfüllend es sein kann, ein Handwerk auszuüben.
In unserem Projekt Handwerk für Mädchen wollten wir Mädchen die große Vielfalt der über 100 verschiedenen Handwerksberufe nahebringen. Im Rahmen des Projekts sind wir dafür in Schulen gegangen und haben die Mädchen mit HandwerkerInnen verschiedener Gewerke zusammengebracht. Dabei stand das eigenständige Herstellen eigener handwerklicher Produkte im Vordergrund. Wir hatten z.B. eine Konditorin dabei, mit der Marzipanrosen hergestellt wurden oder eine Malerin, mit der man seinen Anfangsbuchstaben auf einem Tableau vergolden konnte. Ebenfalls dabei waren: Elektro, Tischler und Dachdecker, die Einblicke in ihre Gewerke gaben.
Viele Mädchen waren total erstaunt und auch stolz, dass sie die Produkte so gut hinbekommen und selbständig etwas kreiert haben. Oft sind sich die Mädchen in diesem Alter ihrer eigenen Fähigkeiten ja gar nicht bewusst. Das Projekt hat ihnen dabei geholfen, verborgene Talente und Fähigkeiten zu entdecken.
Mit unserem 1. Projekt Handwerk für Mädchen – ergreife deine Chance sammelten wir bereits 2012/13 ähnliche Erfahrungen. Dabei haben wir Praktikumsplätze im Handwerk an Mädchen für die Durchführung ihres Schulpraktikums vermittelt, sie anschließend bei der Bewerbung unterstützt und sie während des Praktikums mit der Kamera begleitet. Nach dem Projekt meinten einige von ihnen, dass sie die Firma an sich nicht so toll gefunden hätten, aber dass der Beruf etwas für sie sei.
Ich glaube, wir brauchen mehr solcher Projekte. Damit machen wir die Mädchen lebensfähig. Sie lernen dabei aus dem eigenen Empfinden und Betrachten Entscheidungen zu treffen. Viele Ausbildungs- und Studienabbrüche haben ihren Ursprung darin, dass die Jugendlichen vorher nicht gelernt haben, sich mit verschiedenen Themen selbständig auseinander zu setzen.
Zum Glück entscheiden sich immer mehr Frauen für das Handwerk. Doch das Problem ist nicht, dass es keine Frauen in Handwerksberufen gibt, sondern dass sie nicht sichtbar genug sind.
Es wird auch immer noch nicht als normal angesehen, dass Frauen jedes Handwerk ausüben. Frauen werden bei der Arbeit oft gefragt, ob sie die Aufgaben überhaupt ausüben können.
Die Quantität und die Qualität der Fähigkeiten von Frauen im Handwerk werden leider immer noch hinterfragt. Das finde ich sehr schade.
Eine Schublade ist für Frauen im Handwerk zu klein. Ich wünsche mir, dass die Gedankenschranken aufgebrochen werden und es normal wird, dass Frauen einen Handwerksberuf erlernen und damit selbständig und eigenbestimmt ihr Leben finanzieren. Es gibt auch immer mehr technische Hilfsmittel, die die körperliche Arbeit erleichtern. Ich denke, dass der Weg hin zu mehr Akzeptanz über persönliche Erfahrungen, Kontakte und Gespräche stattfinden kann. Interessierte erreichen uns unter: www.ufh-berlin.de
Vielen Dank für das spannende Interview und alles Gute für die Zukunft!