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„Der Beruf hat einfach sehr viel mit Leidenschaft und Idealismus zu tun.“
Halskette und Armreif aus dreieckigem Rohr: Maren Foryta mit ihrem Gesellen- und Meisterstück
Maren Foryta ist Geschäftsführerin des Juweliergeschäfts Foryta und Obermeisterin in der Gold- und Silberschmiede-Innung Berlin. Wir haben uns mit ihr über aktuelle Trends und Herausforderungen in einem der ältesten Handwerksberufe der Welt, der Goldschmiedekunst, unterhalten.
Ich wollte nach der Schule eigentlich erst Musik und dann Modedesign studieren. Ein Freund von mir riet mir damals dazu lieber Schmuckdesign zu machen, da Modedesign schon so viele machen würden. Dann meinten alle, dass man eigentlich erstmal richtig Goldschmiedin lernen müsse, um Schmuckdesign zu machen. Ich habe mich dann kurzfristig dazu entschieden, eine Lehre zur Goldschmiedin zu absolvieren und mit viel Glück eine Lehrstelle gefunden. Neun Jahre später habe ich dann meinen Meister in Hamburg gemacht und mich 1999 in Berlin mit eigenem Schmuckgeschäft selbständig gemacht.
In meinem Laden stellen wir unsere eigenen Schmuckstücke her und verkaufen auch fremde Produkte. Zudem machen wir hier von Anfertigung über Reparatur bis hin zum Verkauf so ziemlich alles. Beim Anfertigen von Schmuckstücken für Kunden stelle ich mich immer auf den Kunden ein und überlege auch, was zu demjenigen passt. Derzeit arbeiten hier zwei Azubis, die sich auch schon Dinge ausdenken.
Genau, dort arbeite ich ehrenamtlich und kümmere mich um alle Belange die Ausbildung betreffend. Außerdem vertreten wir unsere Betriebe bei der Handwerkskammer und treten bei Schlichtungsfragen ein. Die Organisation von Freisprechfeiern gehört auch zu meinen Aufgaben.
Leider ist unser Gewerk nicht so hoch angesehen wie manch anderes Gewerk. Dadurch bewegen sich die meisten GoldschmiedInnen auch am Existenzminimum. Im Mittelalter wurden sie sogar noch richtig gut bezahlt. Heute sind leider das Auto und das Handy viel wertvoller und dadurch ist das alles ein bisschen gekippt. Auch der Preiskampf ist hart untereinander. Trotzdem würde ich die Arbeit nie missen wollen, weil es für mich einfach der geilste Beruf der Welt ist.
Wir haben im Vergleich zu vielen anderen Gewerken keinen Lehrlingsmangel, sondern können uns die neuen Azubis immer noch aussuchen. Das Problem ist bei uns eher, dass es zu wenig Betriebe gibt, die auch ausbilden wollen. Es gibt also viel zu wenig Stellen für diejenigen, die es tatsächlich gern machen würden. In allen vier Lehrjahren haben wir derzeit 35 bis 40 Azubis in Berlin insgesamt. Es bilden jedoch nur sechs bis acht Betriebe aus. In Berlin gibt es trotzdem im bundesweiten Vergleich immer noch ziemlich viele GoldschmiedInnen.
Wir haben eine hohe Anzahl weiblicher KollegInnen. Es gibt zwar immer zwei bis drei Jungs in den Ausbildungsgruppen in Berlin, aber der Beruf ist mittlerweile klassisch weiblich dominiert. Das hängt natürlich auch ein bisschen mit dem Verdienst zusammen. Der Beruf hat einfach sehr viel mit Leidenschaft und Idealismus zu tun.
Man braucht mit Sicherheit ein gewisses zeichnerisches Talent und außerdem viel Geduld. Denn erst muss alles akkurat sein, damit man anfangen kann, kreativ zu werden. Dieser Werdegang ist sehr zäh und man braucht viel Konzentration und Durchhaltevermögen. Denn wenn ich einen bestimmten Würfel irgendwann schon zum zehnten Mal baue, weil er zum neunten Mal nicht genau gerade ist, kann man schon mal verzweifeln. Diese Durststrecke dauert unterschiedlich lang. Sie kann nach zwei oder erst nach drei oder dreieinhalb Jahren beendet sein. Und auslernen tue auch ich nicht.
Die beruflichen Chancen sind ganz gut, denn GoldschmiedInnen werden immer mal wieder gesucht und werden auch unheimlich gern in anderen Bereichen eingesetzt. Alle, die mit Feinmechanik zu tun haben, nehmen GoldschmiedInnen mit Kusshand. Denn sie wissen, wenn die ausgebildet sind, können sie auf einen zehntel Millimeter genau feilen und sägen. Man kann beispielsweise in den Optiker- oder Zahntechnikbereich gehen.