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Tradition trifft Moderne: Handwerk 4.0
Die Digitalisierung ist längst in der Zahntechnik-Branche angekommen und hier auch nicht mehr wegdenkbar. Materialien und Herstellungsprozesse werden sich fortschreitend in schnellem Tempo weiterentwickeln und schon längst werden einzelne Arbeitsschritte durch den Einsatz von Produkten, Prozessen und Systemen abgedeckt. Zum Einsatz kommt dabei die CAD/CAM-Technologie. Der Name kommt aus dem Englischen und bedeutet „computergestütztes Design und computergestützte Herstellung“. Diese Methode kommt ursprünglich aus der Raumfahrt. Weil sie zunehmend präzisere Arbeiten leisten kann, wird sie mittlerweile in der Zahntechnik eingesetzt.
Mit Hilfe der CAD/CAM Technologie können im Rahmen einer Zahnarztsitzung die Zähne begutachtet und inter-oral gescannt werden. Mit Hilfe der gewonnen Scan-Daten kann der Zahntechniker den individuellen Zahnersatz planen und designen. Anschließend kann mit Hilfe eines 3D-Druckers der designte Zahnersatz als halbfertiges Produkt gedruckt oder mittels Fräsmaschine erstellt werden.
Die CAD/CAM-Technologie unterstützt also bei komplexen Arbeitsschritten, führt Daten zusammen und hat zudem den Vorteil der Zeitersparnis. Folglich verbessert sich der Gesamtworkflow.
Intraoralscanner, Fräsmaschinen und 3D-Drucker
Intraoralscanner sind eine Weiterentwicklung im Vergleich zu den herkömmlichen Gipsabdrucken. Mit einem solchen Scanner kann Zahn für Zahn digital erfasst, in 3D abgebildet und abgespeichert werden. So können frühzeitige Veränderungen erkannt werden, denn die Abdrücke können übereinandergelegt, begutachtet werden und bequem und präzise an das Labor weitergeleitet werden. Ein weiterer Vorteil besteht in der vergrößerbaren Ansicht des Scans. Diese Scan-Methode ist insgesamt genauer, schneller und günstiger als das Anfertigen eines Gipsabdruckes.
Fräsmaschinen/CNC-Verfahren sind ein hochpräzises computerunterstütztes Zerspanungs-Verfahren. Ein im Steuerteil der Werkzeugmaschine integrierter Mikrocomputer übernimmt den Fräsvorgang. Diese sehr komplexe Arbeit findet in zahntechnischen Meisterlaboren statt.
Die 3D-Druck-Technologie wird verstärkt in der Zahntechnik genutzt, um den Zahnersatz schneller für den Kunden bereitzustellen. Beim 3D-Druck wird das Bauteil schichtweise aufgebaut, so dass eine sehr filigrane Anfertigung möglich ist.
Digitalisierung in der Zahntechniker-Ausbildung
Heinrich Wenzel, Vorstandsmitglied und Beauftragter für die Aus- und Weiterbildung des Verbandes deutscher Zahntechniker-Innungen (VDZI) bestätigt die Bedeutung der Digitalisierung in der Zahntechnik. Diese, äußert sich Wenzel, spiele bereits eine sehr große Rolle in der Ausbildung zum/zur ZahntechnikerIn. Bereits seit 2010 würden digitale Grundkompetenzen in der Ausbildung zum ZahntechnikerIn gelehrt und in der betrieblichen Ausbildung umgesetzt. Es sei ein modernes Handwerk.
Moderne Techniken wie CAD/CAM erfordern digitale Kompetenz, die gelehrt werden muss. Aber auch die Art und Weise des Lernens und des Lehrens verändert sich: Immer öfter wird auf digitale Medien zurückgegriffen, so etwa auf Lernvideos. Die Digitalisierung trägt zusätzlich zu einem schnelleren und einfacheren Informationsaustausch zwischen den Beteiligten bei.
Sie wird auch in Fort- und Weiterbildungen mehr und mehr eine Rolle spielen.
Das Zahntechniker-Handwerk, vertreten durch den VDZI, begleite, so Wenzel, kontinuierlich den technischen Fortschritt. „Zurzeit wird die Ausbildungsordnung zum ZahntechnikerIn novelliert mit dem Ziel, diese an die aktuellen wirtschaftlichen, technologischen und gesellschaftlichen Herausforderungen anzupassen. Dabei ist es besonders wichtig, digitale Lehr- und Lerninhalte in der Ausbildungsordnung zu verankern, damit digitale Kompetenzen vermittelt und auch prüfungsrelevant werden.“
Bildquelle: VDZI
Junge Menschen begeistern
Wenzel erklärt, dass die Kombination von Handwerk und digitalen Technologien den Beruf ZahntechnikerIn vielseitiger denn je mache. „Die handwerklichen Fähigkeiten werden in Zukunft immer mehr durch digitale Kenntnisse und Arbeitsprozesse erweitert. Immer neue Techniken können dadurch erlernt und angewendet werden.“ Daher sei die moderne Zahntechnik gerade für junge Menschen, die sich bislang vielleicht noch nicht vorstellen konnten, im Zahntechniker-Handwerk ihre berufliche Zukunft zu sehen, besonders interessant. Gerade für jüngere Menschen, die sehr digital affin sind, sei der Beruf des Zahntechnikers dadurch noch attraktiver geworden.
Digitalisierung der Arbeitsprozesse
Die Digitalisierung trägt zur Vereinfachung von Arbeitsprozessen bei. Wenzel fügt hinzu, dass die neuen Techniken eine Arbeitserleichterung für alle Altersgruppen schaffen würden. So würden zum Beispiel durch den Einsatz einer Fräsmaschine diverse Schleifarbeiten reduziert. So sind Workflows mit perfekt aufeinander abgestimmten Arbeitsschritten möglich und es kann Zeit gespart werden, was am Ende eine schnellere Versorgung der Kunden ermöglicht.
Die fortschreitende Digitalisierung zeigt sich, wie auch im Bereich der Ausbildung, hier ebenfalls in der Kommunikation. Laborintern, extern und im Kontakt zu ZahnärztInnen und Lieferanten ist ein schnellerer Datenaustausch möglich. Dies wird sich in Zukunft noch verstärken. Auch hier ist wieder der Vorteil für den Kunden, der schneller und kompetenter bedient werden kann, ersichtlich.
Digitaler Mehrwert
Der digitale Workflow bringt einige Vorteile mit sich. So können Herstellungskosten gesenkt werden, da bestimmte Arbeitsschritte, wie etwa die Anfertigung von Gipsmodellen oder die Lagerung von Bohrschablonen entfallen. Zudem können einmal digital vorliegende Daten wesentlich einfacher abgerufen und reproduziert werden.
Wie bereits erwähnt, kann ein Kunde besser und schneller bedient werden, da ein reibungsloser Ablauf in der Produktion und in der Kommunikation zwischen den Akteuren möglich ist. Außerdem kann er, durch Möglichkeiten der Visualisierung, Ergebnisse der Zahnbehandlung schon vorher zu Gesicht bekommen. Durch ein solches Verfahren steigt die Wahrscheinlichkeit, dass der Kunde am Ende zufrieden ist.
Wie bereits oben in der Einleitung erwähnt, können Prozesse schneller und insgesamt in einer höheren Qualität hergestellt werden. Die ZahntechnikerInnen könnten sich so noch stärker auf die ästhetische Gestaltung fokussieren.
Bildquelle: VDZI
Zukunftstrends
Die Digitalisierung ist in den Laboren bereits ein wichtiger Faktor und wird in Zukunft eine noch größere Rolle spielen. Das digitale Abformen gewinnt mehr und mehr an Präsenz, so dass ein Intraoralscanner zukünftig in vielen Zahnarztpraxen genutzt zum Einsatz kommt. Durch diese Technologie ist zudem ein digitaler Austausch zwischen der Zahnarztpraxis und dem Labor möglich.
Auch die virtuelle Kiefermessung wird bekannter werden. Kieferbewegungen können dadurch erfasst werden, was die Produktion von Zahnersatz wie Teilrestaurationen oder Prothesen vereinfacht. So können maßgeschneiderte Zahnersatzteile für Kunden produziert werden.
Weiterhin wird auch die Produktion von digitalen Spielen, mit denen Kinder ihre Zahnhygiene verbessern können, zunehmen.
Für all diese Neuerungen ist eine hohe digitale Kompetenz vonnöten, wie sie in der Ausbildung bereits vermittelt wird.
Ein denkbares Szenario der Zukunft besteht darin, eine Prothese durch einen 3D-Drucker auszudrucken. Zukünftig werden auch Datenbrillen eingesetzt werden, die den Ablauf von manuellen Prozessen erleichtern und ermöglichen, den PatientInnen den Zahnersatz virtuell modelliert zu zeigen.
Trotz all der digitalen Fortschritte wird es natürlich niemals eine hundertprozentige Digitalisierung in der Zahntechniker-Branche geben. Denn die Digitalisierung ist ein Hilfsmittel und kein Ersatz für den Menschen, der sich ihrer bedient.