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Tradition trifft Moderne: Handwerk 4.0
Von der Planung über die Bearbeitung bis zum fertigen Produkt sind heutzutage digitale Werkzeuge im Tischlerhandwerk nicht mehr wegzudenken. Laut Sebastian Neuhaus, Koordinator Holztechnik und Leiter der Meisterschule für Tischler im BTZ der Handwerkskammer Berlin, werden die technischen Zeichnungen als Teil der Planungsphase heute zu 95% digital erstellt. Dazu werden spezielle Programme, wie AutoCAD, verwendet.
Die Zeichnung bildet die Grundlage für das digitale Angebot für die Kunden.
Bildquelle: TSD/Patrick Lux
In der Bearbeitungsphase werden CNC-Fräsmaschinen zum Zuschneiden von Holz verwendet. Diese dienen der Holzbearbeitung in größerer Stückzahl. Laut Neuhaus nutzen heute etwa 90% der Betriebe CNC-Maschinen. Da die kosten für die Technik recht hoch sind, besitzen die meisten Betriebe nicht selbst eine Maschine, sondern arbeiten mit Partnerwerkstätten zusammen, die sich darauf spezialisiert haben.
Eine Neuheit im Bereich der Verarbeitung von Holzwerkstoffen stellt die Anwendung von Lasertechnologie dar. Im Vergleich zur Frästechnik lassen sich mit dem Laser komplexere und filigranere Konturen mit einer hohen Schnittgeschwindigkeit erzeugen. Ein weiterer Vorteil der Lasertechnik besteht darin, dass diese durch eine geringe Schnittbreite äußerst materialeffizient ist.
Das Thema 3D-Druck ist im Tischlerhandwerk ebenfalls noch relativ neu. Insbesondere bei der Entwicklung von Kleinstserien, Ersatzkonstruktionen, Reparaturen, bei technischen Neuheiten oder bei speziellen Kundenwünschen kommt die Technik heute schon zum Einsatz. Dabei werden sogenannte WPCs (Wood-Plastic-Composite) erzeugt. Das ist ein Holz-Kunststoff-Verbundwerkstoff, durch den das Holz optisch imitiert werden kann.
CNC-Maschine / Bildquelle: TSD/sabistudios.com
Digitaler Mehrwert und Herausforderungen auf dem Weg zur Digitalisierung
Ein klarer Vorteil der Digitalisierung ergibt sich bei allen Gewerken durch erhöhte Möglichkeiten im Online-Marketing. Für Unternehmensdarstellungen kamen im Tischlerhandwerk früher teure Showrooms zum Einsatz. Heute lässt sich diese über digitale Alternativen wesentlich kostengünstiger und weitreichender realisieren. Die erhöhte Transparenz zwischen Kunden, MitarbeiterInnen und der Firma, stelle laut Neuhaus einen weiteren durch die Digitalisierung erzeugten Mehrwert dar.
Eine problematische Entwicklung sieht Neuhaus jedoch in der steigenden Erwartungshaltungen der Kunden bezüglich der Produktionszeit: “Handwerkliche Arbeit braucht immer noch Zeit.”.
Eine weitere Herausforderung im Zusammenhang mit der Digitalisierung sei die Stringenz der Verwendung digitaler Tools in Unternehmen. Diese sei noch nicht ausreichend vorhanden:
“Nicht nur der Chef braucht ein Tablet.”. Bei Betrieben herrsche allgemein noch viel Unsicherheit bezüglich des Themas.
Digitalisierung in der Ausbildung
In der Ausbildung werden bereits alle digitalen Werkzeuge angewandt. Die technischen Zeichnungen werden dabei zuerst grob handschriftlich skizziert und dann am PC angefertigt. Auch die Erstellung der Projektmappen erfolgt heute komplett digital.
“Das Beherrschen von E‑Mail- und Office-Programmen sowie das Anfertigen von digitalen technischen Zeichnungen wird von heutigen Azubis erwartet.” so Neuhaus. Insbesondere in der Ausbildung hätten sich in den letzten 10 Jahren einige Veränderungen ergeben. Daran erinnert sich auch Tischlermeister und Jungunternehmer Paul Beck im Interview “4 Fragen an”.
Plattenaufteilsäge / Bildquelle: TSD/sabistudios.com
Zukunftstrends
In der Automobilbranche gibt es ihn schon, den Kollegen Roboter, der unliebsame oder eintönige Arbeitsschritte übernimmt. Neuhaus ist überzeugt, dass diese Technik nach und nach auch im Tischlerhandwerk Einzug erhalten werde.
Ein weiterer beobachtbarer Trend sei die zunehmende Spezialisierung von Betrieben auf einzelne Bereiche. So gebe es schon jetzt Unternehmen, die ausschließlich CNC-Technik anbieten würden.
Die Weiterverarbeitung von Restmaterialien wie Holzabfällen werde laut Neuhaus ebenfalls ein Thema sein, dem man sich zukünftig im Hinblick auf Ressourcenschonung widmen müsse.
In den Werkstätten falle derzeit teilweise bis zu 50% Verschnitt an. Die Schaffung eines digitalen Warensystems würde insbesondere in städtischen Regionen Sinn machen.